| Himmel und Hölle  
                  (1911-1917) Nach dem Tod Gustav Mahlers war Alma eine strahlende Erscheinung 
                    in der Blüte ihrer Jahre und dank ihrer Witwenpension 
                    und dem Erbe Gustav Mahlers eine wohlhabende Frau. Bald wurde 
                    sie in Wien heftig umworben. 
                     
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                      | Alma im Jahr 1907, dem Jahr in dem 
                          bei Gustav Mahler die Herzkrankheit diagnostiziert wurde |  |  
                     
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                      |  | Alma mit ihrer Tochter Anna nach dem 
                          Tod des Vaters Gustav Mahler, Wien 1912 |  Bereits im Herbst 1911 hatte sie ein kurzes Verhältnis 
                    mit dem Komponisten Franz Schreker. Auch Joseph Fraenkel, 
                    Mahlers Arzt in New York, stand plötzlich in Wien vor 
                    ihrer Türe. Alma nannte ihn armes, krankes, ältliches 
                    Männlein, das nur mit seiner schweren Darmkrankheit beschäftigt 
                    war und lehnte seinen Heiratsantrag ab. Mehr Aufmerksamkeit 
                    brachte sie dem Biologen Paul Kammerer entgegen, der ein glühender 
                    Verehrer der Musik Mahlers war und Alma eine Stellung als 
                    Assistentin in seinem biologischen Institut im Prater anbot, 
                    wo sie mehrere Monate an Experimenten mit Gottesanbeterinnen 
                    mitarbeitete. Als Kammerer drohte, sich am Grab Mahlers zu 
                    erschießen, beendete sie im Frühjahr 1912 die Beziehung. 
                     
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                      | Franz SchrekerKomponist
 |  | Joseph FraenkelMahlers Arzt in New York
 |  | Paul KammererBiologe
 |  Walter Gropius war schockiert, als er erfuhr, dass es vor 
                    Mahlers Tod noch zu körperlicher Liebe zwischen den Eheleuten 
                    gekommen war, und ging einem Wiedersehen aus dem Weg. Im Dezember 
                    1911 kam es schließlich zum Bruch. Überschattet 
                    wurde die Beziehung schon durch Almas exzessive Verbindung 
                    mit dem Enfant terrible der Wiener Kunstszene, dem jungen 
                    Oskar Kokoschka, der im kulturell brodelnden Wien vor dem 
                    Ersten Weltkrieg heftiges Aufsehen erregte und als Revolutionär, 
                    Exzentriker, Provokateur und zugleich als genialer Maler galt. 
                     
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                      | Plakat "Der Sturm", 1910 |  | Oskar Kokoschka 1909 |  | Selbstportrait, 1912 |  Carl Moll beauftragte Kokoschka, ein Porträt Almas anzufertigen. 
                    Noch während des Abendessens am 12. April 1912 verliebte 
                    sich Kokoschka in die Witwe: Wie schön sie war, 
                    wie verführerisch hinter ihrem Trauerschleier! Ich war 
                    verzaubert von ihr! Am nächsten Tag hielt sie 
                    seinen ersten Liebesbrief in Händen, dem vierhundert 
                    weitere folgen sollten. Die beiden lebten und reisten zusammen, und wenn sie nicht 
                    miteinander schliefen, malte er sie. (Siehe: Alma 
                    im Werk Oskar Kokoschkas) 
                     
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                      | Doppelakt, 1913  |  |  Kokoschka war in seinen Gefühlsausbrüchen unberechenbar, 
                    er liebte leidenschaftlich und bedingungslos, wie 
                    ein Heide, der zu seinem Stern betet. Alma muss 
                    die heftige Leidenschaft ähnlich empfunden haben: Die 
                    drei Jahre mit ihm waren ein Liebeskampf. Niemals zuvor habe 
                    ich so viel Hölle, so viel Paradies gekostet. Alma litt von Anfang an unter Kokoschkas hemmungsloser Eifersucht, 
                    er konnte es kaum ertragen, dass sie mit anderen Menschen 
                    gesellschaftliche Kontakte pflegte. Du darfst mir 
                    nicht auch nur für einen Augenblick entgleiten, ,deine 
                    Augen müssen immer, ob Du bei mir bist oder nicht, ,auf 
                    mich gerichtet sein, wo Du auch seist. Kokoschkas 
                    Eifersucht richtete sich aber nicht nur gegen Almas ,Freunde 
                    und Bekannte, sondern insbesondere auch gegen ihren verstorbenen 
                    Ehemann Gustav Mahler. 
                     
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                      | Auguste Rodin: Mozart (Portraitbüste Gustav Mahler), 
                          Marmor 1911
   |  Vor der Uraufführung der 9. Sinfonie am 26. Juni 1912 
                    kam es zum Streit: Warum hast Du mich zu einem Totentanz eingeladen 
                    und willst, dass ich stumm stundenlang Dir zusehe, wie Du, 
                    geistiger Sklave, dem Rhythmus des Mannes gehorchst, der Dir 
                    fremd war und sein muss und mir, und wissen, dass jede Silbe 
                    des Werkes Dich aushöhlt, geistig und körperlich? Bereits im Juli 1912 war Alma von Kokoschka schwanger. Im 
                    Oktober ließ sie das Kind jedoch abtreiben. Im Sanatorium 
                    nahm er die erste blutige Watte von ihr weg und trug sie nach 
                    Hause. Das ist mein einziges Kind, sagte er, und 
                    wird es bleiben Diese alte vertrocknete Watte hatte 
                    er später immer bei sich. Kokoschka hat den Schmerz über 
                    den Verlust des gemeinsamen Kindes nie verwunden und es zum 
                    Thema zahlreicher Zeichnungen gemacht. Kokoschka unternahm jede Anstrengung, Alma zur Eheschließung 
                    zu überreden,diese jedoch zog sich mehr und mehr zurück. Kokoschka 
                    suchte einen mütterlichen ,Genius und erwartete 
                     trotz aller rauschhaften Ausschweifungen  Fürsorglichkeit 
                    und liebende Hingabe.
 
                     
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                      | Oskar Kokoschka; Die Windsbraut (1913) |  |   Auf Dauer konnte die Beziehung nicht funktionieren. 1913 
                    schuf er die Windsbraut, ein eindringliches, barockes 
                    Bild, auf dem die beiden Liebenden durch den Raum wirbeln. Noch an ihrem siebzigsten Geburtstag nannte Kokoschka seine 
                    unsterbliche Geliebte ein wildes Geschöpf 
                    und war überzeugt: In meiner Windsbraut sind 
                    wir auf ewig vereint.   Alma berichtet über Kokoschkas Liebe: Oskar 
                    konnte nur mit den furchtbarsten Vorstellungen lieben. Da 
                    ich mich weigerte, ihn während der Liebesstunden zu schlagen, 
                    begann er damit, die entsetzlichsten Mordbilder in seinem 
                    Hirn zu ersinnen und leise vor sich hin zu flüstern. 
                    So erinnere ich mich, dass er einmal Dr. Fraenkel, Mahlers 
                    Arzt, auf diese Weise beschwor und ich musste an einem scheußlichen 
                    Phantasiemord teilnehmen. Als er sich befriedigt wähnte, 
                    sagte er: Wenns ihn auch nicht umgebracht haben 
                    dürfte, einen kleinen Herzklaps wird er schon davongetragen 
                    haben. 
                     
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                      | Doppelbildnis Oskar Kokoschka und 
                          Alma Mahler (1912/13) |  | Walter Gropius |  Mit Walter Gropius stand Alma nach wie vor in Briefkontakt, 
                    hatte ihn über ihr Verhältnis mit Kokoschka jedoch 
                    im Unklaren gelassen. Als Gropius 1913 Kokoschkas Gemälde 
                    Doppelbildnis Oskar Kokoschka und Alma Mahler 
                    sah, das auf der 26. Ausstellung der Berliner Secession zu 
                    sehen war, kam der Briefkontakt völlig zum Erliegen. Den wiederholten Versuchen Kokoschkas, sie zur Heirat zu 
                    bewegen, entzog Alma sich regelmäßig durch lange 
                    Reisen in Begleitung ihrer Freundin Lilly Lieser, im Mai ,1914 
                    klagte sie in ihrem Tagebuch, dass die Beziehung beendet sei: Mit Oskar möchte ich abrechnen. Er taugt nicht 
                    mehr in mein Leben. Er reißt mich zurück ins Triebhafte. 
                    Ich kann damit nichts mehr anfangen. Und so lieb und hilflos 
                    dieses große Kind ist, so unverlässlich ja verräterisch 
                    ist er als Mann. Ich muss ihn aus meinem Herzen reißen! 
                    Der Pfahl steckt tief im Fleisch. Ich weiß, dass ich 
                    durch ihn krank bin  seit Jahren krank  und konnte 
                    mich nicht losreißen. Jetzt ist der Moment da. Weg mit 
                    ihm!  Meine Nerven sind ruiniert  meine Phantasie 
                    verdorben. Welcher Unhold hat mir den gesandt? Anfang Dezember 1914 erfuhr Oskar Kokoschka von seiner Einberufung: 
                     Da ich wehrpflichtig war, war es angezeigt, dass 
                    ich mich als Kriegsfreiwilliger meldete, bevor ich gezwungen 
                    wurde, mitzutun. Anna Mahler allerdings wusste später 
                    zu berichten, dass ihre Mutter an dieser Entscheidung nicht 
                    ganz unbeteiligt war: Die Alma hat den Kokoschka 
                    so lange einen Feigling genannt, bis er sich schließlich 
                    freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet hat. Er wollte 
                    nicht in den Krieg, sie aber hatte schon genug von ihm, er 
                    war ihr zu anstrengend geworden. 
                     
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                      | Alma Mahler 1917 |  | Oskar Kokoschka 1915 |  |  Kokoschka wurde durch Vermittlung seines Freundes Adolf Loos 
                    in das Dragonerregiment Nr. 15, dem vornehmsten Reiterregiment 
                    der österreichischen Monarchie, aufgenommen. Das Pferd, 
                    das er benötigte, erwarb er ausgerechnet mit dem Geld, 
                    das er aus dem Verkauf der Windsbraut erhielt.   Am 29. August wurde Oskar Kokoschka an der russischen Front 
                    schwer verwundet, die Zeitungen gingen sogar von seinem Tod 
                    aus. Alma reagierte auf die Nachricht, indem sie aus Kokoschkas 
                    Atelier die Briefe holte, die sie ihm geschrieben hatte, und 
                    dabei auch Skizzen und Zeichnungen an sich nahm.
 
                     
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                      | Pieta (1909) |  |  Über Adolf Loos bat Kokoschka Alma, ihn am Krankenbett 
                    zu besuchen, doch sie hatte mit ihm abgeschlossen: Es 
                    geht mir alles nicht sehr nahe. Seine Verwundungen glaube 
                    ich nicht recht. Ich glaube diesem Menschen überhaupt 
                    nicht mehr.  Zeuge der leidvollen Beziehung zu Alma ist neben Kokoschkas 
                    zahllosen Gemälden und Zeichnungen auch eine pikante 
                    lebensgroße Puppe, ein bis in die intimsten Details 
                    getreues Abbild Almas, die Kokoschka von der Münchner 
                    Puppenmacherin Hermine Moos anfertigen ließ, um sich 
                    über den erlittenen Verlust der Geliebten hinwegzutrösten. 
                    Die Puppe ist nicht erhalten geblieben, ihr wurde in einer 
                    exzessiven nächtlichen Zerstörungsorgie in Kokoschkas 
                    Atelier in Dresden 1919 der Garaus gemacht. > Lesen Sie mehr 
                    über die Puppe Noch während ihres Verhältnisses mit Kokoschka 
                    nahm Alma wieder Briefkontakt mit Walter Gropius auf. Im Februar 
                    1915 reiste sie in Begleitung ihrer Freundin Lilly Lieser 
                    mit dem Ziel nach Berlin, sich diesen bürgerlichen 
                    Musensohn wieder beizubiegen. Die Trauung fand schließlich 
                    am 18. August in Berlin statt. Gropius war der einzige Mann, 
                    der sich nach Almas Worten rassisch mit mir messen konnte. Gleichzeitig kümmerte sie sich um das musikalische Erbe 
                    Gustav Mahlers. Nach wie vor sah sie sich vor allem als dessen 
                    Witwe und empfand die Ehe mit dem noch unbekannten Architekten 
                    Walter Gropius als sozialen Abstieg. Sie schrieb ihm, dass 
                    die Thüren der ganzen Welt, die dem Namen Mahler offenstehen, 
                    zufliegen vor dem gänzlich unbekannten Namen Gropius. 
                     
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                      | Alma mit Walter Gropius und der gemeinsamen Tochter Manon, 1918
 |  |  Schockiert war sie, als ihr Mann als Regimentsadjutant an 
                    eine Heeresschule für Nachrichtenwesen versetzt wurde 
                    und dort für die Ausbildung von Hunden verantwortlich 
                    war. Sienannte die Aufgabe subaltern und unwürdig und forderte: 
                    Mein Mann muss erstrangig sein!
 Am 5. Oktober 1916 war es so weit.: An jenem Donnerstag 
                    ist mir ein neues, süßes Mädel geboren. Unter 
                    den grausamsten Schmerzen  aber nun sie da ist, bin 
                    ich froh. Ich bin verliebt in dieses Wesen! Das 
                    Mädchen zog vom ersten Augenblick an alle in seinen Bann: 
                    Sein Geist,mein Körper! Unser beider Vollendung muß einen 
                    Halbgott entstehen lassen!
   
                     
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                      |  | Edvard Munch: Sommernacht am Strand |  Als der stolze Vater seine Tochter zum ersten Mal zu Gesicht 
                    bekam, war er hingerissen und schwärmte von langen 
                    schmalen Aristokratenfingern und großen Augen, 
                    die schon bewusst in die Welt schauen.  Die Taufe der kleinen Manon Alma Anna Justine Caroline Gropius 
                    fand am Weihnachtsfest 1916 in Wien statt. Walter Gropius 
                    schenkte seiner Frau zu diesem Anlass das Gemälde Sommernacht 
                    am Strand des Expressionisten Edvard Munch. > weiter: Das 
                    "Mannkind" Franz Werfel  (1917 - 1937)< zurück: 
                    Das Leben mit Gustav Mahler  (1901 - 1911)
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