Alma Mahler-Werfel & New York

Alma Mahler-Werfel im amerikanischen Exil
Am 13. Oktober 1940 kam Alma Mahler-Werfel mit ihrem dritten Ehemann Franz Werfel mit dem Schiff Nea Hellas in New York an. Nach kurzem Aufenthalt in New York reiste das Ehepaar Werfel weiter nach Kalifornien, wo Freunde für sie schon ein Haus in Los Angeles (6900 Los Tilos Road) auch inklusive eines Butlers angemietet hatten. Im September 1942 zogen sie in den 610 North Bedford Drive in Beverly Hills um, wo später Bruno Walter ihr Nachbar wurde.

Durch den Kontakt vor allem mit deutschen, österreichischen und amerikanischen Intellektuellen, Musikern und Schriftstellern, darunter alte Bekannte wie z. B. das Ehepaar Schönberg oder neue Freunde wie Gustave Arlt gestaltete sich Alma Mahler-Werfels Aufenthalt in Kalifornien angenehm, ihr Salon florierte bald wieder wie in Wien und gefiel sich im Mittelpunkt aller Intrigen. Sie sorgte für Aufregung, als sie den Streit um das geistige Eigentum des Romans "Dr. Faustus" zwischen Arnold Schönberg und Thomas Mann entfachte.

 

 
Die "Nea Hellas", das letzte offizielle Schiff von Lissabon nach New York (1940)

 

Der Tod Franz Werfels
1943 verschlechterte sich Franz Werfels Gesundheitszustand stark, er erlitt mehrere Herzinfarkte, und Alma Mahler-Werfel verbrachte ihre Zeit vornehmlich damit, sich um ihr "süßes Mannkind" (Mahler-Werfel, Mein Leben, 363), zu kümmern, wobei ihr Freunde wie das Ehepaar Arlt oder Friedrich Torberg beistanden. Im August 1945 starb Franz Werfel und hinterließ nicht nur einen großen Nachlaß, mit dessen Organisation sich Alma Mahler-Werfel noch jahrelang beschäftigen sollte, sondern auch eine Witwe, die ihre Einsamkeit immer mehr mit Hilfe ihres Likörs einzudämmen versuchte. Wie auch schon vor dem Tod ihres Mannes verkehrte sie nicht nur mit der Prominenz der deutschen Exilautoren, sondern auch mit berühmten Amerikanern und Musikern aller Nationen (Moore, 36).

Alma beim Verlassen der „Nea Hellas“ in Hoboken, New Jersey am 13. Oktober 1940. Hinter ihr (tw. verdeckt) Nelly Mann, die Ehefrau Heinrich Manns.

 

Der siebzigste Geburtstag
IIhren siebzigsten Geburtstag verbrachte Alma in Beverly Hills, wo sie sich
gerade damit beschäftigte, Werfels noch erhaltene Briefe abzuschreiben. "Am
31. August 1949 feierte ich meinen siebzigsten Geburtstag und war das Opfer
von mancherlei hochwillkommenen, aber auch manchen unwillkommenen Ehrungen."
Zum ihrem 70. Geburtstag wurde Alma Mahler-Werfel von ihren Freunden ein
Geburtstagsbuch überreicht. Es enthält 77 Briefe wichtiger Personen der
Geistes- und Kulturgeschichte Europas und der USA, unter anderem Briefe von
Lion Feuchtwanger, Thomas und Heinrich Mann, Oskar Kokoschka, Darius
Milhaud, Benjamin Britten, Walter Gropius und Carl Zuckmayer. Dieses
Konvolut von Grußadressen befindet sich im Besitz der Pennsylvania State
University Libraries. Die folgende Website macht die Sammlung erstmals der
Öffentlichkeit zugänglich:
www.libraries.psu.edu/crsweb/speccol/mahlerwerfel

New York
Anfang der fünfziger Jahre zog Alma Mahler-Werfel nach New York, wo sie die letzten Jahre ihres Lebens verbringen sollte. Inzwischen war die Musikwelt gewillt, Gustav Mahler die ihm angemessene Bedeutung zuzuweisen und Alma Mahler-Werfel, die sich unter diesen Umständen gerne wieder hauptsächlich als Witwe des Komponisten sah, wurde zu vielen Veranstaltungen eingeladen. Sie bewegte sich immer noch gerne in Gesellschaft, auch wenn sie ihre Altersbeschwerden und der regelmäßige und zuweilen übermäßige Alkoholgenuß manchmal daran hinderten. 1958 erschien die englische Ausgabe ihrer Autobiographie And The Bridge Is Love in Zusammenarbeit mit E. B. Ashton, die noch stärker bearbeitet wurde als die 1960 erstmals veröffentlichte deutsche Version.

 

Zeitungsbericht der New York Times vom 14. Oktober 1940: Die geflohenen Autoren, darunter Franz Werfel, Alfred Polgar, Heinrich und Golo Mann wurden noch am Pier interviewt. Sie beschrieben den Weg der Flucht nur ungefähr, um die zurückgebliebenen Personen, die die Flucht noch vor sich hatten, nicht zu gefährden.

 

Anfang der Sechziger Jahre besuchte Alma der deutsche Reporter Jimmy Berg und machte mit ihr in Ihrer Wohnung eines der seltenen Radio-Interviews

(Auszug):
Jimmy Berg
Hier spricht Jimmy Berg aus New York. Genauer gesagt aus dem kleinen Haus in der 73. Straße Ost in Manhattan, in dem sich das Heim von Frau Alma Mahler–Werfel befindet. Ein Aufzug, der für knapp zwei Menschen Platz hat, brachte uns in die im dritten Stock gelegene Wohnung Frau Mahler-Werfels. Und nun sind wir im Bibliothekszimmer, einem Raum, der im wahrsten Sinne des Wortes Literatur, Musik und Kunst atmet. Die Eindrücke sind zu mannigfach, um sie auf einen Blick – oder auch auf zehn Blicke aufzunehmen. Und so wollen wir Sie bitten, gnädige Frau, uns zu helfen und ein bißchen Fremdenführer zu spielen.

Alma
Gerne. Vielleicht wollen wir zuerst von den Bildern sprechen. Also: Alle Bilder hier in diesem Zimmer sind von Oskar Kokoschka. Gleich hinter uns, wenn sie sich umdrehen, können sie es sehen. Da ist ein Porträt das Kokoschka von mir gemalt hat. Und links von mir, die Kohlezeichnung, stammt ebenfalls von Kokoschka und stellt mich auch dar. Übrigens. Sehen sie die Fächer hier, in den zwei Vitrinen. Diese sechs Fächer sind auch von Kokoschka und stellen gemeinsames Erlebnis vor. Da sind Musikhandschriften von Richard Wagner und Pfitzner. Von Alban Berg, Strawinsky und natürlich von Gustav Mahler. Der erste Einfall des "Veni, creator spiritus” aus der Achten und das Lied "Liebst Du um Schönheit”.

Jimmy Berg
Und besitzen sie nicht auch das Originalmanuskript von Alban Bergs Wozzeck?

Alma
Der Wozzeck war ja überhaupt mir gewidmet. Sein Violinkonzert hatte Berg dem Andenken meiner Tochter Manon gewidmet, die im Alter von achtzehn Jahren an Kinderlähmung gestorben ist. Er schrieb auf das Manuskript: "Dem Andenken eines Engels”.

Alma Mahler-Werfel starb am 11. Dezember 1964 im Alter von 85 Jahren in New York.

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