Erich Rietenauer
Der Alma-Maniac

Der Wiener Reprotechniker Erich Rietenauer (geboren 1924) war erst sieben Jahre alt, als er die berühmte Witwe Gustav Mahlers traf, als sie die Patronanz über eine Weihnachtsfeier des sozialdemokratischen Politikers und Arztes Julius Tandler übernahm, bei der der kleine Erich ein Gedicht aufsagen durfte. Zum Dank presste ihn Alma mütterlich zwischen ihre berüchtigten Brüste und löste damit sein „Frühlingserwachen“ aus. «Schwerer Honig, schweres Parfüm! Den Geruch vergesse ich mein Leben lang nicht.» Die Jahre zwischen 1931 und 1938 erlebte Rietenauer als häufiger Gast im Haus Almas und ihrer Mutter Anna Moll. Er lernte Künstler wie Thomas Mann, Franz Werfel, Gerhart Hauptmann, Bruno Walter und viele andere kennen, die gern gesehene Gäste in der Villa auf der Hohen Warte waren. Nach einer Ausbildung in einer Spedition und seinem Einsatz als Soldat im Zweiten Weltkrieg arbeitete er als Fotograf und als Instruktor bei Fujifilm. Bis zu Almas Emigration 1938 behielt Rietenauer Almas Haus auf der Hohen Warte im Auge und kümmerte sich in den Sechzigern sogar um Almas Grab am Grinzinger Friedhof.

Dort lernte er durch Zufall die langjährige Wegbegleiterin Almas, die Oberschwester Ida Gebauerm genannt „Schulli“ kennen, die Alma von 1920 bis zu ihrem Tod betreut hatte. In zahllosen Gesprächen vertraute diese Rietenauer ihre Lebenserinnerungen an. Zahlreiche Reliquien wie Gebetbuch, Fächer und Haarspange seiner Göttin waren der Dank für seine aufopfernde Zuhörerschaft. Im Alter von 82 Jahren begann Rietenauer 2006 seine Memoiren niederzuschreiben, in denen er das Wesen der exzentrischen Frau aus einer sehr persönlichen Perspektive zu beleuchten versucht. Diese Erlebnisse sind bis heute wichtiger Bestandteil seines Lebens.